FRI / June 1811:00 a.m. – 12:00 p.m.CONCEPTS OF WATER

Martin Bartelmus (Düsseldorf)

Watering (down) Derrida

Schriftlichkeit als wässriges Konzept zwischen Sprache und Schrift

Was heißt es, etwas fließend zu sprechen? Hat diese Formulierung etwas mit Wasser zu tun? Gibt es ein fließendes/flüssiges Schreiben? Astrida Neimanis weist zurecht darauf hin, dass die Diskurse um Flüssigkeit und Fluidität („liquid" und „fluid") nicht unbedingt auf Wasser verweisen. Was heißt es also, nicht nur fließend zu sprechen/schreiben, sondern wässrig („waterly")?

Meine These ist, das Wässrig-Sprechen/Schreiben und ihre „bodies of water" in Figurationen und Verkörperungen zu denken, und zwar als Schriftlichkeit. Neimanis darin folgend, "that we pay attention to the specific ways in which water travels, and the specific kinds of bodies that certain waters comprise, transform, and dissolve", schlage ich eine wässrige Re-Lektüre von Derridas Begriff der Dissemination, "die unkontrollierbare Zerstreuung des Samens" vor. Dissemination meint bekanntlich den Prozess der Bedeutungsverschiebung, doch Derridas Konzept geht nicht davon aus, dass sich Bedeutungen verwässern (lassen), sondern dass „feste" Bedeutungen sich gegeneinander verschieben, austauschen und auslöschen.

Derridas Figur „Hymen", Häutchen, besitzt skripturale und weibliche Konnotationen: Aber Hymen wird in Bezug zu Wasser zur Wasser-Scheidelinie, die das Aufeinandertreffen zweier Gewässer markiert. Das Verwässern von Derridas Begriffen führt zu einer Allianz von Wasser und Schriftlichkeit, Limnologie und Grammatologie, um Wasser und das Denken mit Wasser auf Zeichen- und Bedeutungsprozesse, auf die Phonem-Graphem-Opposition, auf Text, Schrift und Sprache, Lesen und Schreiben anzuwenden. Wässrig ist das Schreiben, in Schreibschrift, kursiv und mit Tinte – materiell, aber auch theoretisch. Wasser und Text ergeben ein mediales, metaphorisches und materielles Spannungsverhältnis. Wasser so könnte man sagen materialisiert und medialisiert Unentscheidbarkeit und Uneigentlichkeit. Was kann also die Dekonstruktion von Wasser lernen?

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